Die Herausforderung

„Vom Können her schaffen wir das“

Achtklässler der Gesamtschule Dissen verlassen für das Projekt „Herausforderung“ ihre Komfortzone

Endlich mal sturmfreie Bude und ohne Eltern tun, was man möchte – das klingt für Jugendliche immer gut. Die Schüler der Gesamtschule Dissen werden diese Freiheit bald erleben. Abenteuer pur. Mit Risiken und Nebenwirkungen. Allerdings: nicht unvorbereitet.
Die Achtklässler der Hermann-Freye-Gesamtschule folgen bald dem Ruf der Wildnis, zumindest der heimischen. „Bei dem Projekt geht es darum, dass die Schülerinnen und Schüler sich in Kleingruppen selbst ein Projekt überlegen, das ihnen einerseits am Herzen liegt und sie gleichzeitig fordert. Sie planen es selbstständig in Kleingruppen und organisieren von der Übernachtung bis zu den Aktivitäten ihre Herausforderung selbst“, erklärt Jahrgangsleiterin Constanze Stemme.
An zwei Workshop-Tagen bereiten sich die Jugendlichen auf ihre Herausforderung vor, bekommen Tipps und Kniffe an die Hand. So lernten alle Beteiligten den Umgang mit einem Camping-Kocher oder übten sich im Auf- und Abbau von Zelten.
Polizeihauptmeisterin Sandra Middelberg hob noch einmal heraus, worauf es im Straßenverkehr zu achten gilt. Die runden blauen Schilder mit Fahrrademblem etwa weisen einen Fahrradweg aus – „und der muss dann auch benutzt werden. Was ist denn noch wichtig, wenn ihr mit dem Fahrrad unterwegs seid?“, wollte die Präventionsexpertin wissen. „Die Helme zu tragen“, schlug ein Schüler vor. Richtig. Und natürlich sei auf die Verkehrstüchtigkeit des Rades zu achten: „Du musst Licht am Fahrrad haben – und es muss auch funktionieren“, machte Middelberg deutlich.
„Die Schüler können ein Projekt ganz nach ihren Wünschen planen“, hob Stemme, Lehrerin für Sport, Französisch, Mathe und Religion, hervor. „Viele Gruppen fahren zelten oder mit dem Fahrrad weg. Sie sollen nicht irgendetwas machen. Es soll schon eine Herausforderung sein.“ Vier Planungstermine hatten die Mädchen und Jungen seit Beginn des Halbjahres. Dann erhielten sie letzten Input und beschäftigten sich noch einmal mit den Themen Erste Hilfe und Verkehrstauglichkeit der Fahrräder.
Manch eine Gruppe plant schließlich eine Reise an die Nordsee. Für Nils, Melina, Linna, Jensan, Simao, Anna und Inga soll es hingegen nicht ganz so weit gehen. Sie wollen ein Baumhaus in Dissen bauen. „Das war“, räumt Nils ein“, so eine Schnapsidee. Es hat sich so entwickelt.“ „Es war schwierig, etwas zu finden, bei dem man seine Stärken fördern kann“, ergänzt Team-Kollegin und Mitschülerin Linna. „Wir wollten erst in den Kletterwald, aber das war zu teuer“, sagt Jensan.
Nun wollen sie im Wald in der Noller Schlucht ein Baumhaus bauen. „Ebenerdig, nicht auf einem Baum“, macht Linna deutlich. Ob es so gar keine Bedenken gebe? „Vom Können her schaffen wir das natürlich“, ist Nils fest überzeugt. „Aber das Wetter könnte ein Risiko sein“, findet der 14-Jährige. Gibt es Regen? Oder Gewitter? Muss man sich auf 35 Grad einstellen? Und: wie?
In zwölf Gruppen, jede von einem Erwachsenen begleitet, werden sich die Jugendlichen ab Ende Juni auf ihren herausfordernden Weg begeben. 85 Schüler werden dann im Umkreis von 300 Kilometern um Dissen herum unterwegs sein. Inklusive Safety Car? „Ja, tatsächlich“, lacht Constanze Stemme. Einerseits, um im Notfall eingreifen zu können. Andererseits aber auch mit Blick auf Corona. „Aufgrund der aktuellen Lage sind Auslandsreisen auch noch verboten.“ Die Erwachsenen sind dabei, teils auch Studierende der Bereiche Lehramt und Sozialpädagogik der Uni Osnabrück.
Die Achtklässler werden in jedem Fall ihre Komfortzone verlassen müssen. Neue Erfahrungen warten auf sie. Ein Hauch von „Fünf Freunden im Tal der Abenteuer“ – vielleicht. Vielleicht aber auch unerwartete Schwierigkeiten, die es pfiffig zu lösen gilt.

Alexander Heim in der NOZ vom 22.06.2022