Auftaktveranstaltung des Netzwerks Gesamtschulen

Vielfalt verbindet – Auftaktveranstaltung des Netzwerks Gesamtschulen an der Universität Osnabrück

Seit 2015 treffen sich Schulleitungen der Gesamtschulen in der Region regelmäßig zum Austausch. Die diesjährige Lehrerfortbildung an der Universität Osnabrück mit über 500 Teilnehmerinnen und Teilnehmern stand heute (4. September) unter dem Motto: »VIELFALT verbindet! WIR in der Gesamtschule!« und war gleichzeitig die Auftaktveranstaltung des neugegründeten Netzwerks Gesamtschulen der Region Osnabrück – Emsland.

500 Lehrerinnen und Lehrer nahmen an der Fortbildung des neugegründeten Netzwerks Gesamtschulen an der Universität Osnabrück teil.

„Die zahlreichen erfolgreichen Neugründungen von Gesamtschulen in der Region zeigen, dass die Gesamtschule eine von Eltern gefragte Alternative zum dreigliedrigen Schulsystem ist“, so Stefan Knoll, Direktor der Integrierten Gesamtschule (IGS) Osnabrück zum Auftakt der Veranstaltung. Als Schulform, die den gesellschaftlichen Querschnitt widerspiegelt, nutzt sie die Vielfalt in der Schülerschaft als Chance. „Sie fordert und fördert jede Einzelne und jeden Einzelnen und stellt sich immer wieder neu den gesellschaftlichen Herausforderungen wie Begabtenförderung, Inklusion und Integration von Zuwanderern. Wissenschaftlich fundierte Untersuchungen über Fördereffekte heterogener Lerngruppen können da hilfreich sein“, sagte Knoll.

„Niedersächsische Gesamtschulen haben sich immer schon durch eine intensive Zusammenarbeit ausgezeichnet und sind so zu den Innovationsträgern in der Schullandschaft geworden“, unterstrich Anja Pawelzig, Didaktische Leiterin der Gesamtschule Schinkel. „Mit unserem Netzwerk und dieser Tagung machen wir unsere erfolgreiche Zusammenarbeit auch in unserer Region Osnabrück-Emsland nach außen sichtbar.“

Prof. em. Dr. Jürgen Oelkers von der Universität Zürich stellte in seinem Impulsreferat die zentrale Frage, wie Schulen sich zum Vorteil der Gesellschaft entwickeln können. „Die öffentliche Schule ist inzwischen die einzige Institution, die alle Kinder durchlaufen und ohne die eine gesellschaftliche Integration sehr verschiedener Gruppen oder Milieus nicht möglich wäre“, erläuterte der Erziehungswissenschaftler aus Zürich. „Die Bearbeitung von Heterogenität wertet die Schule einerseits auf und stellt sie andererseits vor schwierige Aufgaben, die verträglich gehalten werden müssen mit ihrem Auftrag der Allgemeinbildung. Das Leistungsprinzip kann nicht gegen das Integrationsgebot ausgespielt werden.“

Patentrezepte für alle Gesamtschulen gibt es dabei nicht, berichtete Claudia Brose, Didaktische Leiterin der Gesamtschule Emsland aus der Praxis. „Jede Schule muss sich mit den gleichen pädagogischen Herausforderungen auseinandersetzen und entwickelt vor Ort jeweils eigene Lösungsansätze, um herausfordernde Bedingungen z. B. im Bereich der Inklusion oder Sprachförderung zu bewältigen. Die Zusammenarbeit im Netzwerk bietet die Möglichkeit, von der Expertise aller beteiligten Kolleginnen und Kollegen im direkten Austausch miteinander zu profitieren und Anregungen für die eigene Arbeit mitzunehmen.“

Die wissenschaftliche Begleitung und Expertise liefert im Netzwerk die Universität Osnabrück. Das Institut für Erziehungswissenschaft hat bereits seit Jahren Kooperationsverträge mit den beiden Gesamtschulen der Stadt. „Daraus ergibt sich für beide Seiten eine win-win-Situation: Lehramtsstudierende, die meist ein Gymnasium besucht haben, lernen so „etwas andere“ Schulen kennen“, berichtete die Erziehungswissenschaftlerin apl. Prof. Dr. Monika Fiegert. „Die Schulen erhalten durch die Studierenden Unterstützung in der Schulentwicklung, indem diese konkreten Fragen der Schulen nachgehen und so die Schulen dabei unterstützen, ihrer Pflicht zur Selbstevaluation nachzukommen. Oft werden diese Vorhaben zum Ende des Studiums zu Masterarbeiten zum Thema Schulentwicklung ausgebaut.“

Die zahlreichen Workshops während der Tagung setzten sich mit der Vielfalt im Schulalltag, in der Klassengemeinschaft, im Kollegium, im Unterricht und außerhalb der Schule auseinander. Kompetenzorientierte Leistungsüberprüfung in einzelnen Fächern, Mediation und Achtsamkeit, Mobbing und Gewaltprävention, Basisdemokratie in der Klassengemeinschaft, gut strukturierte Schüler–Eltern–Lehrer–Gespräche oder inklusive Begabungsförderung und Teamwork beim naturwissenschaftlichen Unterricht sind nur ein paar Beispiele der zahlreichen Angebote.

Deutlich wurde, dass die Gesamtschule sowohl leistungsstarken Kindern als auch Kindern mit ungünstigeren Ausgangsbedingungen Förderpotenziale bietet und sich als erfolgreicher Weg zu höheren Bildungsabschlüssen oder in die Berufswelt erweist. Zur Integration können die Gesamtschulen einen wesentlichen Beitrag leisten, indem sie Hilfen zur Identitätsbildung anbieten, aber auch zum Respekt vor der anderen Kultur erziehen, außerschulische Angebote einbeziehen und sich um den Einsatz von Lehrkräften mit Migrationshintergrund bemühen.

„Eine Grundlage für die erfolgreiche Arbeit an Gesamtschulen sind gut ausgebildete Lehrkräfte mit dem richtigen Blick auf die Einzigartigkeit und Stärken und Schwächen eines jeden Kindes und Jugendlichen. Hierbei sind ein hohes Maß an sozialer, pädagogischer und fachlicher Kompetenz genauso wichtig wie Durchsetzungsvermögen und Flexibilität“, erläuterte Elisabeth Buck, Didaktische Leiterin der IGS Osnabrück. Die Veranstaltung fand in Kooperation mit dem Institut für Erziehungswissenschaft der Universität Osnabrück und dem Kompetenzzentrum für Lehrerbildung des Ludwig-Windthorst-Hauses Lingen statt.